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“sittlichen Grazien.” Ausser einigen Portraits, die zwar sämmtlich idealisirt waren, mir aber vielleicht um desto besser gefielen, war mir ihr neustes Gemählde, Psyche und Amor, unaussprechlich lieb. Psyche hat unvorsichtig das für Juno aus der Unterwelt geholte Gefäß von Proserpina's Nachttisch eröfnet. Stygische Dünste steigen daraus hervor, umnebeln ihre Sinne, beklemmen ihr Herz – Sie versinkt erbleichend, und senkt, einer geknickten Morgenblume gleich, das zarte Köpfchen auf die Lilienbrust herab, welcher so eben aus den halbgeöfneten, erblaßten Rosenlippen der leztę Hauch entfliehen will. – Allein plötzlich steht Amor, der liebend Allgegenwärtige, neben ihr! Thränen entquellen ihren schon geschlossenen Augen. Mit seinen goldenen Locken faßt er die fallenden Perlen auf. – Seelige Psyche! Es war die letzte Prüfung! Die verschwebteste Leichtigkeit, und ein holder ätherischer Reiz sind über dies Gemälde verbreitet. – Die zarten Umrisse, in denen Psyche fast sichtbar nur verhüllt ist, sind vielleicht das Geistigste,